Wirtschaft / Berufs- und Studienorientierung (WBS): Bildungswert des Faches
Das Strukturierungsmodell des Bildungsplans Wirtschaft / Berufs- und Studienorientierung ba-siert auf einer dreigliedrigen Perspektive. Die Schülerinnen und Schüler sollen sich in ökonomi-schen Situationen bewusst machen, dass ihre individuelle wirtschaftliche Entscheidung so-wohl in einem Beziehungsgefüge zu anderen Akteuren als auch innerhalb eines Ordnungssys-tems erfolgt. Das Grundproblem des Wirtschaftens ist: Wie kann eine effiziente und gleichzeitig gerechte Versorgung trotz begrenzter Ressourcen und daraus resultierender Verwendungskon-kurrenzen erreicht werden? Durch die Lösung dieser Frage kann – bei unterschiedlichen, bis-weilen konfliktreichen Interessenlagen – ein gutes Zusammenleben ermöglicht werden.
Ziel der ökonomischen Bildung ist, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, ökonomisch ge-prägte Lebenssituationen zu erkennen, zu bewältigen und zu gestalten sowie ihre Interessen in einer sich verändernden globalisierten Welt selbstbestimmt und selbstbewusst zu vertreten. Dadurch trägt ökonomische Bildung zur Stärkung der Mündigkeit der Schülerinnen und Schüler bei, die auch für ihre berufliche Orientierung im Hinblick auf die Planung und Gestaltung des Übergangs in Ausbildung, Studium und Beruf eine wichtige Rolle spielt. Sie sollen in die Lage versetzt werden, in ökonomisch geprägten Lebenssituationen gemeinwohlorientiert auch die Interessen anderer zu berücksichtigen, den Wert der Zusammenarbeit zu erkennen und zu-gleich für sich und andere Verantwortung zu übernehmen. Schließlich ermöglicht das Fach Wirt-schaft / Berufs- und Studienorientierung (WBS) einen Einblick in die Rahmenbedingungen des Wirtschaftens sowie Zugänge zur Arbeits- und Berufswelt, sodass die Schülerinnen und Schüler deren Bedeutung sowohl erkennen als auch mitgestalten können. Dies erfordert die Auseinan-dersetzung mit übergeordneten, zum Teil konkurrierenden gesellschaftlichen Zielsetzungen wie zum Beispiel Solidarität, Nachhaltigkeit, Lebensqualität, Wohlstand, Freiheit.
Die Schülerinnen und Schüler sollen wirtschaftliche Wirkungszusammenhänge und Funktions-weisen analysieren und beurteilen können, um daraus Handlungsoptionen abzuleiten. Ihre ei-genen Fähigkeiten, Potenziale und Interessen zu erkennen, stellt dabei die Basis für ihre Hand-lungsoptionen als Berufswähler dar. Ausgangspunkt des Wirtschaftens sind knappe Güter; bei ihnen übersteigen die Bedürfnisse der Menschen, die zwar individuell verschieden, aber aggre-giert prinzipiell unbegrenzt sind, die Möglichkeiten der Produktion. Individuell führt das Knapp-heitsproblem zu Entscheidungs- und Zielkonflikten, gesellschaftlich zu Verteilungskonflikten und nicht selten zu Ungleichheit.
Verschiedene ökonomische Modelle versuchen, den Umgang mit dieser Knappheitsproblema-tik zu erklären. Die Theorie der rationalen Entscheidung geht davon aus, dass Akteure auf der Basis ihrer Präferenzen rational entscheiden, um ihren Nutzen zu maximieren. Dabei beeinflus-sen Anreize (Belohnungen beziehungsweise Restriktionen) die Kosten-Nutzen-Abwägung. An-dere Modelle hinterfragen diese Rationalitätsprämisse. Ausgehend von empirischen Studien und Experimenten gehen insbesondere Sozialwissenschaften davon aus, dass sich Menschen und Organisationen auch von sozialen Normen, Gewohnheiten, moralischen Präferenzen und ihrer Intuition leiten lassen. Diese Erkenntnisse spielen in der Ökonomik eine zunehmend
größere Rolle. Insofern ist es bedeutsam, den Schülerinnen und Schülern den Pluralismus von Modellen, aber auch das Verhältnis von Modellen und Wirklichkeit bewusst zu machen.
Der Knappheitsproblematik kann grundsätzlich auf verschiedene Weise begegnet werden: Ne-ben der Optimierung von Güterentstehung sowie -verwendung beziehungsweise -verteilung re-duziert auch die Einschränkung des Bedarfs die Knappheit (durch Preissteigerung, Zuteilung oder Verzicht beziehungsweise Schenken) und verändert damit mögliche Verteilungskonflikte. Die Frage, wie man mithilfe eines Ordnungsrahmens (zum Beispiel Regeln, Verträge, Institutio-nen, Entscheidungsarchitektur) am besten Einfluss auf die gesellschaftliche Verteilung nehmen kann und inwiefern man dies soll, wird wirtschafts- und gesellschaftspolitisch kontrovers disku-tiert.
Grundsätzlich zeigt sich der Bildungswert des Faches im Erkennen ökonomischer Situationen, dem Beurteilen ökonomischen Handelns sowie in der Erkenntnis, dass es dabei Alternativen gibt – auch im Hinblick auf die Berufs- und Studienorientierung. Deshalb sollen die Schülerin-nen und Schüler befähigt werden, als mündige Wirtschaftsbürger ihr tägliches wirtschaftliches Handeln zu hinterfragen und sich bewusst zu sein, dass sie auf die System- und Ordnungsbedin-gungen auch politisch Einfluss nehmen können.
Im Übergang von der Schule zum Arbeits- und Berufsleben ergeben sich für die Schülerinnen und Schüler vielfältige Möglichkeiten, die ihnen richtungsweisende Entscheidungen abverlan-gen. Dabei kommt bei der Unterstützung und Vorbereitung von tragfähigen, ihren Kompeten-zen und Entwicklungen entsprechenden Entscheidungen für kommende Berufswege sowie für lebenslanges Lernen dem Fach Wirtschaft / Berufs- und Studienorientierung eine besondere Funktion zu. Eine zentrale Aufgabe der Berufs- und Studienorientierung ist es, die Schülerinnen und Schüler als zukünftige Berufswähler in die Lage zu versetzen, die Angebote der Arbeitswelt zu analysieren und mit ihren Interessen und Fähigkeiten zu vergleichen.
(Quelle: http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/GYM/WBS/LG)